König Johann
Premiere: 07. November 2003
nach William Shakespeares King John
in einer Fassung von Friedrich Dürrenmatt
Johann, König von England, wird durch seinen Neffen Arthur der Thron streitig gemacht. Dahinter steht der französische König Philipp, an dessen Hof Johanns Neffe lebt. Es kommt zum Krieg, den Johanns neuer Berater, der Provinzadelige Sir Richard, ein Bastard von Johanns Bruder, zu verhindern trachtet. Vernunft statt Gewalt ist seine Devise. Doch in der Politik mit Vernunft siegen zu wollen – ohne Intrigen, Erpressungen, Hinterhalte, Händel und wenn nötig eben auch Krieg, den ja die Völker und nicht die Fürsten auszufechten haben, ist fast unmöglich. Als wäre Sir Richards Aufgabe nicht schon schwer genug, mischt sich mit Kardinal Pandulpho auch noch die Kirche ein.
Dürrenmatt schafft es, aus dem Shakespearschen Königsdrama ein Stück zu schaffen, das politisches Handeln, das Handeln der Herrschenden, mit den Mitteln des Theaters seziert, den dahinter liegenden Un- und Wahnsinn deutlich macht.
Zusammenfassung des Stücks
„Hauptsache, der Krieg ist wieder aufgepäppelt!“
Vernunft, Menschlichkeit: Das gilt nur wenig, wenn sich die Großen zusammensetzen und über Krieg und Frieden beschließen. So auch bei Friedrich Dürrenmatts König Johann, einer Bearbeitung des alten Shakespeare-Stücks.
„Sir Richard, wenn ich bitten darf!“
Die Menschenverachtung der Herrscher wird dem Povinzadeligen Philipp Faulconbridge schnell klar, als er seinen König Johann, genannt Ohneland (genau der, aus Robin Hood), in einem Rechtsstreit um Rat fragt. Denn Philipp ist, wie sich herausstellt, ein Sohn von Johanns Bruder, dem Johann verhassten König Richard Löwenherz. Ein Bastard eben – unehelich geboren und daher ohne Rechte. Das macht ihn frei, dem König als künftiger Berater offen gegenüber zu treten und frei seine Meinung zu äußern. Denn schnell wird der Bastard, der sich nun Sir Richard nennen darf, in die Ränkespiele der großen Politik hineingezogen.
„Dein Bastard ist kein König, sieh das ein.“
Denn Krieg mit Frankreich steht bevor. Johanns Thronanspruch ist schwach. Sein junger Neffe Arthur von Bretagne, Sohn des von Löwenherz getöteten Ex-Königs Gottfried, hat gleichermaßen Anspruch auf Englands Thron. Da der mit seiner Mutter Konstanze an Frankreichs Hof lebt, wäre dem französischen König Philipp ein Kind auf Englands Thron nur recht. So könnte er England de facto seinem Herrschaftsgebiet einverleiben.
„Das Pack, Johann, es traut uns nicht“
Johann, der England wieder ordnen will, hat deswegen die eigensinnigen Lords und – durch eigene Dummheit – auch die Kirche gegen sich. Er braucht Legitimität. Ein Sieg gegen Frankreich würde sie ihm verschaffen. Vor Angers treffen die Heere aufeinander. Der Bastard, entsetzt darüber, das Tausende ihr Leben lassen sollen, um eine Thronstreitigkeit zu klären, schlägt vor, die Bürger von Angers über ihren wahren König entscheiden zu lassen. Doch die zieren sich. Der Bastard versucht weiter, den Krieg abzuwenden, schafft es, das sich beide Herrscher gütlich einigen, die Thronstreitigkeien beilegen. Doch der Herzog von Österreich, Frankreichs kriegslüsterner Verbündeter, kesselt mit seinen Truppen Englands Armee ein. Ein Vorteil, den Frankreich sich nicht nehmen lässt. Zu günstig scheint nun die Gelegenheit. Die getroffenen Vereinbarungen gelten nichts mehr, der Krieg beginnt.
„Verrätst du Arthur, ich verrate Blanka.“
Und er endet unentschieden. Der Bastard startet eine zweite Offensive der Vernunft, bevor sich die Heere wiederum abschlachten: Heirat zwischen der eigentlich dem Bastard zugetanen Blanka von Spanien, der Nichte Johanns, und dem französischen Thronfolger Louis sowie zwischen Johann und Louis Verlobter Isabelle soll die beiden Herrscherhäuser versöhnen. Die Könige stimmen zu, machen nebenbei noch die Bürger der Stadt nieder, da diese sich nicht entscheiden konnten. Doch dann tritt Kardinal Pandulpho auf. Des Papstes Stellvertreter belegt Englands König mit dem Kirchenbann, da Johann Klöster plündern ließ. Nun fällt Frankreich unter Androhung des Banns von seinem neuen Verbündeten ab. Und so ziehen die Heere wieder in die Schlacht.
„Um Gottes Willen, schließt noch keinen Frieden!“
Niemand erringt den Sieg, doch kann England den Thronanwärter Arthur gefangen nehemen, Frankreich aber Johanns Mutter Eleonore. Johann will seinen Konkurrenten Arthur sofort umbringen lasen, doch der Bastard rät ab: Großmut könne hier des Knaben und Johanns Leben retten. Denn tötet Johann Arthur, werden die Lords, die durch den Kirchenbann eh nicht mehr fest an Johanns Seite stehen, zu Frankreich überlaufen. Genau das will Frankreich, lässt deshalb auf Anraten des Kardinals Johanns Mutter erdrosseln, um Johann so zum Mord an Arthur zu bewegen.
Wie es weiter geht? Das kann man in jeder gut sortierten Bibliothek erfahren.
Dürrenmatt, Friedrich: König Johann:
In: Werksausgabe in siebenunddreißig Bänden, Band 11. Diogenes Verlag, Zürich
Aufführungsrechte bei Felix Bloch Erben Verlag.
Besetzung
- Johann Plantagenet, König von England: Kai Sieben
- Phillipp II Capet, König von Frankreich: Kurt Jean-Pierre Voll
- Eleonore, Johanns Mutter: Yvette Scheid
- Graf Pembroke, Johanns Berater: Manfred Kalbitzer
- Lady Blanka, Johanns Nichte: Katja Schmidt
- Sir Richard, der Bastard, Richards Berater: Günther Bauer
- Lady Faulconbridge, Sir Richards Mutter: Eva Bendler
- Robert Faulconbridge, Sir Richards Bruder: Gabriele Klippel
- Konstanze von Bretagne: Julia Rieken/Xenia Orben
- Artur, ihr Sohn und Johanns Neffe: Alisha Sieben/Steffen Tonn
- Dauphin Louis, Philips Sohn, französischer Thronfolger: Dominik Franzkoch
- Isabelle von Angoulême, Louis´ Verlobte: Verena Schuck/Xenia Orben
- Chatillon, Philipps Berater: Ole Rieth
- Page: Rouven Latotzki
- Herzog Leopold von Österreich: Gregor Feld
- Kardinal Pandulpho, Legat des Papstes: Stefan Butz
- Mönche: Eva Bendler, Julia Rieken, Yvette Scheid
- Lord Salisbury: Jens Rudershausen
- Lord Essex: Gabriele Klippel
- Lord Bigot: Gregor Feld
- Bürger von Angers: Gabriele Klippel, Eva Bendler
- Henker: Gerhard Mayer
- Wachen: Heiko Förster, Peter Wolter
- Leichen: Weena Sieben, Gabriele Klippel
- Regie: Jens Rudershausen
- Co-Regie: Rouven Latotzki
- Produktion: Stefan Butz
- Finanzen: Julia Rieken
- Kulissenbau: Björn Münch
- Lichttechnik: Andreas Hemmersbach
- Tontechnik: Pablo Lachmann
- Kostüme: Andrea Kaul